Kreislaufwirtschaft
Kreislaufwirtschaft in der europäischen Metallindustrie
Die Kreislaufwirtschaft, ein Konzept, das auf die Minimierung von Abfällen und die Maximierung der Ressourceneffizienz abzielt, gewinnt in der europäischen Metallindustrie zunehmend an Bedeutung. Definiert als ein Wirtschaftsmodell, das Ressourcen so lange wie möglich im Kreislauf hält, stellt sie einen Paradigmenwechsel dar – weg von der linearen "Nehmen-Herstellen-Entsorgen"-Mentalität, hin zu einem nachhaltigen Kreislauf, in dem Ressourcen immer wieder genutzt werden.
Die Metallindustrie Europas steht vor Herausforderungen, insbesondere beim Recycling von komplexen Metalllegierungen. Doch die Gießereibranche beweist eindrucksvoll, dass eine funktionierende Kreislaufwirtschaft keine Utopie ist. Mit ihrer jahrzehntelangen Expertise im effizienten Recycling zeigt sie, wie die Zukunft der gesamten Metallindustrie aussehen könnte.
EU als Vorreiter im Metallrecycling
Mit einer beeindruckenden Circular Material Use Rate (CMU) von 25 % über alle Metalle hinweg setzt die EU Maßstäbe in der Kreislaufwirtschaft. Besonders hervorzuheben ist die Recyclingrate bei Eisen und Stahl, die sogar 90 % übersteigt. Diese Zahlen verdeutlichen das enorme Potenzial und die Fortschritte, die in der EU im Bereich der Ressourceneffizienz erzielt wurden. Die Wiederverwertung von Metallen hat sich zu einem Eckpfeiler nachhaltiger Industriepraktiken entwickelt. Jüngste Daten des Bureau of International Recycling (BIR) zeichnen ein beeindruckendes Bild der globalen Bemühungen im Bereich des Eisenschrottrecyclings.
Im Jahr 2019 wurden weltweit beachtliche 630 Millionen Tonnen Eisenschrott einer neuen Verwendung zugeführt. Dies führte zu einer Reduktion der CO₂-Emissionen um 950 Millionen Tonnen − eine Menge, die der Einsparung entspricht, die man im Vergleich zur konventionellen Stahlproduktion aus Eisenerz erzielt hätte. Der Energiebedarf für die Verarbeitung von Eisenschrott liegt dabei um etwa 72 % niedriger als bei der Verwendung von Primärrohstoffen. Diese Zahlen unterstreichen die immense ökologische Bedeutung des Metallrecyclings im Kampf gegen den Klimawandel.
Rolle der Gießereiindustrie
Besonders hervorzuheben ist die Rolle der Gießereiindustrie in diesem Kreislauf. Sie verarbeitet etwa 11 % des recycelten Eisenschrotts, was einem Volumen von 70 Millionen Tonnen entspricht. Noch beeindruckender sind die Zahlen für das Jahr 2018: Von den 90 Millionen Tonnen der weltweiten Gießereiproduktion stammten 82,6 % − also 74,4 Millionen Tonnen − aus recyceltem Eisenschrott. Dabei wurde der Großteil, nämlich 61,9 %, von externen Quellen bezogen.
Nachhaltigkeit und wirtschaftliches Wachstum gehen Hand in Hand
Das globale Eisenschrottrecycling erweist sich als Treiber für Klimaschutz und Wirtschaftswachstum gleichermaßen. Mit einer beeindruckenden CO₂-Einsparung von 950 Millionen Tonnen jährlich und einer Energieeffizienzsteigerung von 72 % gegenüber der Primärproduktion setzt die Branche neue Maßstäbe im Klimaschutz. Besonders die Gießereiindustrie zeigt mit einem Recyclinganteil von über 80 %, wie Kreislaufwirtschaft in der Praxis funktioniert. Diese Zahlen unterstreichen nicht nur die ökologische Notwendigkeit, sondern auch das wirtschaftliche Potenzial des Metallrecyclings – ein Sektor, der die Zukunft der nachhaltigen Industrie maßgeblich mitgestaltet.
Gießereien: Pioniere der Kreislaufwirtschaft
Diese lange Tradition des effizienten Recyclings in der Gießereibranche ist kein Zufall. Sie basiert auf einer Vielzahl von Faktoren, die zusammen ein Paradebeispiel für gelungene Kreislaufwirtschaft darstellen.
So können in Gießereien vielfältige Arten und Qualitäten von recyceltem Eisen und Stahl verwendet werden. Es sind z. B. neben dem klassischen Gusseisenschrott auch Stahlspäne aus stahlverarbeitenden Betrieben ein möglicher Bestandteil, ebenso wie Stanzabfälle oder Stahlbänder.
Die Chargenzusammensetzung in der Gattierung beeinflusst dabei nicht nur die Analyse im fertigen Gussteil, sondern hat auch direkte Auswirkungen z. B. auf den Energieaufwand beim Schmelzprozess. Moderne Prozessleitsysteme dienen dazu, Analysen und den Energieaufwand zu optimieren und gleichzeitig eine zuverlässige Rückverfolgbarkeit vom Endprodukt zur Gießcharge sicherzustellen.
Wie man aus der Statistik „Recycled Steel Use" ersehen kann, ist auch das in der eigenen Gießerei verfügbare Kreislaufmaterial ein nennenswerter Bestandteil des verwendeten Recyclingmaterials. Darunter versteht man Gussabfälle, die im eigenen Betrieb entstehen, z.B. Anschnittsysteme oder Speiser beim Sandformguss oder gegebenenfalls Ausschussteile. Auch dieses Material kann ohne Qualitätsverlust weiterverarbeitet werden.
Außerdem sorgen fortschrittliche Technologien in der Logistik, Sortierung und Behandlung von Metallwertstoffen – also bereits bei den vorgelagerten Prozessen der Recyclingunternehmen – dafür, dass verschiedene Recyclingqualitäten von den Gießereien optimal eingesetzt werden können. Künstliche Intelligenz (KI) etwa und maschinelles Lernen werden zunehmend eingesetzt, um die Genauigkeit und Geschwindigkeit der Metallsortierung zu erhöhen.
Weiterentwicklung nachhaltiger Industriepraktiken
Die beeindruckenden Erfolge der Gießereibranche im Recycling zeigen das enorme Potenzial der Kreislaufwirtschaft in der Metallindustrie. Doch trotz dieser Vorreiterrolle und der technologischen Fortschritte bleibt die flächendeckende Nutzung von Metallschrott in vielen Regionen noch hinter den Möglichkeiten zurück. Diese Diskrepanz verdeutlicht, dass es konzertierter Anstrengungen bedarf, um die Kreislaufwirtschaft in der gesamten Branche zu etablieren.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein Zusammenspiel verschiedener Akteure unerlässlich − von der Industrie selbst über Forschungseinrichtungen bis hin zur Politik. Letztere spielt eine besonders wichtige Rolle bei der Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für eine umfassende Transformation.
Statistik für den Schrottanteil in Rohstahl: Quelle: https://www.bir.org/the-industry/ferrous-metals
Politische Rahmenbedingungen und Initiativen
Die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft in der europäischen Metallindustrie wird maßgeblich durch politische Rahmenbedingungen und Initiativen auf EU- und nationaler Ebene beeinflusst. Diese schaffen Anreize für Unternehmen, in nachhaltige Praktiken zu investieren und tragen zur Schaffung eines günstigen Marktumfelds für recycelte Materialien bei. Der "Circular Economy Action Plan" (CEAP) setzt ambitionierte Ziele für die Ressourceneffizienz und das Recycling in verschiedenen Sektoren, einschließlich der Metallindustrie.
Kernpunkte des Plans umfassen beispielsweise die Erhöhung der Recyclingquoten für verschiedene Metallarten bis 2030, die Einführung von Mindestquoten für recycelte Inhalte in neuen Produkten und die Förderung von Design für Recycling und Reparierbarkeit. Damit steigt der Anreiz für Unternehmen, in Recyclingtechnologien und zirkuläre Geschäftsmodelle zu investieren; Förderprogramme sollten dabei helfen, die Märkte für recycelte Metalle zu stabilisieren und auszuweiten.
Fazit
Die Zukunftsaussichten der Kreislaufwirtschaft sind vielversprechend: Mit fortschreitender Technologie und wachsendem Bewusstsein für die Notwendigkeit nachhaltiger Ressourcennutzung wird die Kreislaufwirtschaft zunehmend zum Wettbewerbsvorteil für die Metallindustrie. Die Transformation zur Kreislaufwirtschaft in der europäischen Metallindustrie ist nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern auch eine wirtschaftliche Chance. Sie bietet das Potenzial, die Ressourceneffizienz zu steigern, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im globalen Kontext zu stärken.
Politische Initiativen und Rahmenbedingungen sind entscheidend, um die Erfolge der Gießereibranche auf die gesamte Metallindustrie auszuweiten. Sie schaffen nicht nur Anreize, sondern auch Verpflichtungen für Unternehmen, sich aktiv an der Kreislaufwirtschaft zu beteiligen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Nutzung von Metallschrott nicht nur in einzelnen Vorzeigebetrieben, sondern branchenweit zur Norm wird.
Die Politik fungiert hierbei als Katalysator, der die Innovationskraft der Industrie mit den ökologischen Notwendigkeiten in Einklang bringt. Durch gezielte Fördermaßnahmen, regulatorische Vorgaben und die Schaffung von Marktanreizen kann sie dazu beitragen, dass die gesamte Wertschöpfungskette der Metallindustrie auf Kreislaufwirtschaft ausgerichtet wird. Letztendlich zeigt sich, dass der Weg zu einer vollständig etablierten Kreislaufwirtschaft in der Metallindustrie nur durch das Zusammenspiel aller Beteiligten gelingen kann.